Hermann Kuhn

Mit der Hamas ist Frieden unmöglich

Gastkommentar vom Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen/Unterweser zur Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte.

Alle Israelis sind sich einig: Wir wollten es nicht, es ist schrecklich, aber jetzt ist die Zeit für Krieg.

Alle Israelis sind sich einig: Wir wollten es nicht, es ist schrecklich, aber jetzt ist die Zeit für Krieg.

Bild: Wiki commons

Putin hat seinen Überfall auf die Ukraine mit einem angeblichen „Genozid“ der „Nazi-Ukraine“ an Russen im Donbass begründet. Die Hamas mobilisiert in aller Welt für sich mit der Anklage eines „Genozids“ Israels an den Palästinensern. Zwei monströse Lügen, die aber auch bei uns wirken. Wir Deutschen sollten doch aber wissen, was Völkermord ist.

Zur Erinnerung, die offenbar bei einigen schnell nachlässt: Israel wurde am 7. Oktober, am Morgen des Shabbat, von Terrorkommandos der Hamas überfallen, mehr als 1400 Jüdinnen und Juden, Kinder, Frauen und alte Menschen, wurden ermordet, die grausamen Schändungen gefilmt und stolz ins Netz gestellt. Der Terrorangriff der Hamas hat keinen Anlass, ist keine „Reaktion“ auf irgendetwas, sondern ist Ergebnis der erklärten Doktrin der Hamas, Israel und die Juden auszulöschen. Dafür mobilisiert die Hamas durch Zwang, Indoktrination und falsche Versprechen Teile der Bevölkerung von Gaza. In Gaza gibt es keine israelische Besatzung, in Gaza hat die Hamas nach dem Rückzug Israels 2005 die Macht an sich gerissen und herrscht diktatorisch über die eigene Bevölkerung. Deshalb kontrollieren Israel und Ägypten ihre Grenzen zu Gaza. Die Milliardengelder, die nach Gaza geflossen sind, hat die Hamas-Führung nicht in den Aufbau einer modernen Infrastruktur gesteckt, sondern in ihren Unterdrückungsapparat und nicht zuletzt in eigenes luxuriöses Leben.

Nach dem Schock der grausamen Terrortaten war sich ein großer Teil der Welt einig: Israel hat das Recht zur Selbstverteidigung. „Aber“, so geht dieser Satz oft weiter, dieses Recht müsse seinerseits nach den Regeln des Völkerrechts ausgeübt werden. Und diese Regeln fordern „Verhältnismäßigkeit“ der Reaktion; und dass der Verteidiger ernsthaft versucht, jegliche nur irgendwie vermeidbare Gefährdung der Zivilbevölkerung auszuschließen.

Was bedeutet das? Israel definiert als Ziel seiner Verteidigung: Sicherstellung, dass ein solcher Terrorangriff aus Gaza nie wieder geschehen kann. Das ist nur durch die Zerstörung der politischen und militärischen Infrastruktur der Hamas sicher möglich. Israel ist entschlossen, das umzusetzen, trotz der hohen Risiken auch eigener Opfer. So wie die westliche Gemeinschaft entschlossen war, die Infrastruktur des Islamischen Staates, zuletzt in Mossul, radikal zu zerstören. Zur Erreichung dieses Zieles beginnt die IDF die Bodenoffensive. Dieses Ziel ist legitim und richtig. Solange die Hamas existiert, ist keinerlei Frieden möglich.

Was kann Israel tun, um in seiner Reaktion seinen eigenen Maßstäben ethischer Kriegsführung, die sich mit dem Völkerrecht decken, gerecht zu werden?

Israel kann überhaupt nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterscheiden, weil die Hamas bewusst Waffenlager, Abschussrampen, Kommandozentralen in zivilen Häusern, ja in Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäusern und Moscheen untergebracht hat. Sie nutzt skrupellos die eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde. Die Hamas opfert Menschen in Gaza und macht daraus Propagandabilder.

Israel hat die Zivilbevölkerung gewarnt mit der Aufforderung, den Norden von Gaza zu verlassen. Wer das kritisiert, billigt der Hamas das monströse Recht zu, die Menschen als Schutzschilde zu benutzen. Israel hat in früheren Auseinandersetzungen die Menschen punktgenau vor Angriffen gewarnt, durch Flugblätter und per SMS.

Israel kann nicht garantieren, dass es bei seinen Militäroperationen keine zivilen palästinensischen Opfer geben wird. Wer das von Israel verlangt, spricht Israel in Wahrheit das Recht ab, seine Bürgerinnen und Bürger nachhaltig und auf Dauer vor Terror zu schützen. Das gleiche würden diejenigen erreichen, die - wohlmeinend oder arglistig - jetzt fordern, dass Verhandlungen über einen Waffenstillstand geführt werden müssen. Das würde nur die Hamas belohnen, würde, wie schon mehrfach, der Hamas eine Atempause für die nächste Terrorattacke verschaffen. Israel kann mit dieser höchst realen Gefahr nicht mehr weiterleben.

Die öffentliche Debatte ist inzwischen wieder voll von Kritik an Israel und von dringenden Aufforderungen an Israel allein. Israel wird verantwortlich dafür gemacht, dass die zivile Bevölkerung Gazas leidet, ihre Lage zunehmend schwierig wird. Natürlich sind wir uns einig: Die katastrophale Lage muss so weit wie möglich gemildert werden; aber ist das zuerst die Pflicht des Landes, dem aus Gaza mit schrecklichem Terror der Krieg erklärt worden ist? Uns ist kein Krieg bekannt, in dem der Angegriffene für die Versorgung der Bevölkerung des Angreifers verantwortlich gewesen wäre. Dennoch hat Israel Hilfslieferungen zugestimmt - wenn ausgeschlossen wird, dass sie in irgendeiner Weise für die Kriegsführung der Hamas missbraucht werden können.

Zusammengefasst: Die Auslieferung der Geiseln, die Kapitulation der Hamas würde alle Kämpfe, alles Sterben, das Leid der Bevölkerung schnell beenden. So aber muss der Aggressor bekämpft werden, bis er besiegt ist oder die Waffen streckt. Alle Israelis sind sich einig: Wir wollten es nicht, es ist schrecklich, aber jetzt ist die Zeit für Krieg. Für alle Toten, ob Juden oder Araber, für alle Verletzten, alles Leid in diesem Krieg trägt allein die Hamas die Verantwortung. So wie für alles Leid des Zweiten Weltkrieges Nazi-Deutschland die Verantwortung trug, egal aus welchem Gewehrlauf die Kugeln kamen. Haben wir das schon wieder vergessen?

 

Hermann Kuhn ist Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bremen/Unterweser e.V.


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