Realschüler:innen feiern 50 Jahre School‘s out
„Alexander der Große zog mit einem Heer nach Asien, weil er einen Helm mit Wasser ausschütten wollte“, liest Hans Theuerkauf, ehemals Deutschlehrer an der Realschule in Osterholz-Scharmbeck, vor. Die vor ihm sitzende Klasse kichert. „Hier, ich habe noch einen: Alexandria ist die größte Handelsstadt, weil der Wind von Westen weht“ - „Haben wir das wirklich alles mal geschrieben?“ fragt die Klasse. „Ja“, bestätigt Theuerkauf, er habe sich solches Schmankerl immer notiert, wenn er Klassenarbeiten korrigieren musste. „Man weiß ja nie, wann man so etwas einmal brauchen kann“, begründet er seine Sammelleidenschaft mit einem Schmunzeln.
Anlass, die skurrile Sammlung hervorzukramen, hat jetzt das Treffen der ehemaligen Absolventen anlässlich ihres Schulabschlusses vor 50 Jahren geboten.
Der 7. Juli, das Datum des Schulabschlusses, ist für 28 Frauen und Männer noch immer ein erinnerungswürdiger Termin. Die Realschule war damals in den Räumen der Schule an der Lindenstraße untergebracht, die heute die Freie Waldorfschule Lindenstraße beherbergt.
„Vor fünf Jahren, zu unserem 45-jährigen Schulabschluss, haben wir beschlossen, uns nun jährlich jeweils am 7. Juli zu treffen“, erzählt Siegfried Grotheer, der das Jubiläums-Klassentreffen organisierte. Vorher habe man sich alle zehn Jahre getroffen. „Es war immer wieder großartig, die alten Klassenkameraden und -kameradinnen wiederzutreffen“, sagte Grotheer. Die meisten der ehemaligen Mitstreiter:innen lebten noch in der Region, fünf haben die Region verlassen, einen zog es gar nach Südfrankreich.
Zum Jubiläumstreffen kamen 21 der ehemals 28 Mitschüler im alten Klassenraum in der Lindenstraße zusammen. „Wir möchten uns ganz besonders bei der Geschäftsleitung der Schule dafür bedanken, dass wir nicht nur unseren alten Klassenraum nutzen konnten, sondern auch einen Rundgang durch unsere alte Schule machen durften“, teilen die ehemaligen Realschüler:innen mit Freude mit.
Deutschstunde
Jetzt hält mit ihnen Deutschlehrer Hans Theuerkauf eine Schulstande ab und erinnert sie an längst vergessen geglaubte Schnitzer und Missverständnisse. Aber auch an die im Deutschunterricht verhandelte Literatur. Als „Mutter Courage“ von Bert Brecht genannt wird, wechselt Hans Theuerkauf in den Lehrer-Modus: „Reden wir mal drüber: Schuld am Krieg ist der Kapitalismus - Mutter Courage wechselt die Seiten so, wie es ihr jeweils am besten passte.“ Auch John Steinbecks „Straße der Ölsardinen“ habe damals Eindruck gemacht, ebenso wie „Das Spiel ist aus“ von Sartre und Dürrenmatts „Der Richter und sein Henker“.
Wie wichtig den ehemaligen Realschülerinnen noch heute ihr Abschluss ist, offenbart die Frage eines ehemaligen Mitschülers, ob es noch möglich sei, einen Zeugniseintrag ändern zu lassen. Die beanstandete Formulierung lautet: “Johannes‘ Zeugnis ist nicht ohne Tadel“ - Was das eigentlich bedeuten sollte?
Hans Theuerkauf zeigt sich völlig unbeeindruckt von der heutigen beruflichen Stellung seines ehemaligen Schülers: „Du hast reingequatscht.“
Nach dem Besuch der alten Schule geht es zum Hafen in Osterholz, denn hier wartet ein Torfkahn darauf, die Klassenkameradinnen auf eine Hamme-Tour zu Melchers Hütte zu entführen. Nach zweieinhalbstündigem Aufenthalt geht es zurück zum Hammehafen, wo im Skipper Treff zur Musik der 70-er Jahre noch bis Mitternacht gefeiert wurde.
Siegfried Grotheer hat noch für eine besondere Überraschung gesorgt, indem er seine Klassenkameradinnen und -kameraden mit „September“ von Earth, Wind and Fire im Rahmen der Sendung „Grüße und Musik“ bei Bremen 1 grüßen ließ.