Das Wesentliche
Die Weihnachtsgestaltung in der großen Einkaufspassage lief auf Hochtouren. Dieses Jahr sollte sie etwas ganz besonderes darstellen: Weihnachten aus Stahl. Dieses Thema sollte alles umsetzen, was zum Weihnachtsfest dazu gehört. Ansprechend für große und kleine, alte und junge Menschen. Ein großflächiger Bereich im Mittelpunkt der Passage war bereits abgesperrt, es liefen noch vereinzelt hochwichtige Leute entlang und gaben die letzten Anweisungen. Auf der Dekorationsfläche stand, gut sichtbar von allen Seiten, ein großes Haus mit vielen Lichtern geschmückt. Ein Weihnachtsbaum stand blinkend davor, Schneebälle flogen quasi wie durch Geisterhand durch die Luft, ein Schlitten mit Geschenken war dabei, Rentiere davor und viele kleine Tiere. Sogar ein kleiner Schneemann aus Stahl stand etwas einsam und verlassen neben dem dominanten Weihnachtsbaum. Nach vielen Umbauten, Stress, Pannen und schweißtreibenden Nachbesserungen glänzte die kleine Dekorationsweihnachtsinsel komplett aus Stahl in voller Pracht. Zufrieden standen alle Beteiligten vor ihrem Werk, um eine letzte Begutachtung vorzunehmen. Einer der Werbedesigner wurde unruhig, wankte von einem Fuß auf den anderen. „Was hast du denn?“ fragte ein Kollege. Die Antwort kam prompt: „Also, irgendwas fehlt hier, da ist was nicht stimmig.“
Alle Anwesenden sahen sich nochmal und nochmal das große Stahlgebilde an. Er hatte recht, es fehlte etwas ganz entscheidenes, bloß was? Den Designern standen nun schon Schweißperlen auf der Stirn. Was haben wir nur vergessen? Es ist doch alles perfekt. Was fehlt denn bloß? Plötzlich bahnte sich ein kleines Mädchen ihren Weg durch die grübelnden Leute. Sie stand vor dem „Weihnachten aus Stahl“, verzog ihr Gesicht und ging schnurstracks den Weg zurück zu ihrer Mama.Dort durchsuchte sie die Einkaufstasche, zog etwas heraus und ging auf direktem Weg zur Dekoinsel. Als sie unter das Absperrband stieg, wollte sie ein Mitarbeiter aufhalten, doch der Werbedesigner hielt ihn zurück. Lass sie mal machen.“ Das kleine Mädchen ging zum Schneemann, welcher kaum größer war als sie. Sie redete mit ihm und schüttelte den Kopf. „Wie können die dir das denn nur antun kleiner Schneemann?“ Sie zog eine große, frische, orangefarbende Mohrrübe aus ihrer Jackentasche und steckte sie dem kleinen Schneemann mitten ins stählerne Gesicht.
Mit einem zufriedenen Lächeln verliess sie die Insel. Der Werbedesigner schlug sich an die Stirn: „Eine Mohrrübe! Eine einfache kleine Mohrrübe!“
Kerstin Deppe
Basdahl
Foto: Fotolia / ivan kmit